Deutschland MS Encarta 1998


Deutschland, Land in Mitteleuropa, grenzt im Norden an die Nordsee, an Dänemark und an die Ostsee, im Osten an Polen und die Tschechische Republik, im Süden an Österreich und die Schweiz und im Westen an Frankreich, Luxemburg, Belgien und die Niederlande. Die amtliche Bezeichnung lautet Bundesrepublik Deutschland (BRD). Für den größten Teil der deutschen Geschichte war Deutschland die geographische Bezeichnung für ein aus vielen Staaten zusammengesetztes Gebiet. Das 74Jahre lang geeinte Land (1871-1945) wurde nach dem 2.Weltkrieg in die Bundesrepublik Deutschland (BRD, auch Westdeutschland) und die Deutsche Demokratische Republik (DDR, Ostdeutschland) geteilt. Am 3.Oktober 1990 traten nach dem Zusammenbruch der DDR die ostdeutschen Länder der Bundesrepublik bei; Deutschland war damit wieder vereinigt. Die Gesamtfläche des Landes beträgt 356854Quadratkilometer. Hauptstadt und zugleich größte Stadt Deutschlands ist seitdem wieder Berlin, das die provisorische Hauptstadt Bonn ablöste.
Land
Deutschland umfasst von den Alpen bis zur Nord- und Ostsee eine Vielfalt von Landschaften. Das Staatsgebiet grenzt an neun Länder.
Physische Geographie
Deutschland gliedert sich in drei große geographische Räume - eine Tiefebene im Norden, eine Mittelgebirgszone im Zentrum und eine Hochgebirgsregion mit vorgelagertem Alpenvorland im Süden. Die Tiefebene, das so genannte Norddeutsche Tiefland, besitzt eine vielgestaltige Topographie mit mehreren Flusstälern und einer großflächigen Heidelandschaft (Lüneburger Heide). Entlang der Küste liegen Sanddünen, und das Hinterland zeichnet sich durch weite Marschlandschaften aus. Der Küste vorgelagert sind zahlreiche Inseln, darunter die Ost- und die Nordfriesischen Inseln und Helgoland in der Nordsee sowie Fehmarn und Rügen in der Ostsee. Das östliche Ende der Tiefebene zeichnet sich durch besonders fruchtbare Böden aus. Die Bonität der Böden ist vor allem in den Börden (z.B. Magdeburger Börde) sehr hoch, da hier eiszeitlich bedingt ein hoher Lößanteil vorliegt. Die zentralen Mittelgebirge erstrecken sich im Norden etwa bis zur Höhe Hannovers und im Süden bis zur Mainlinie; sie umfassen ein vielfältiges Gebiet von höheren Bergen, Flusstälern und klar abgegrenzten Becken. Zu den Mittelgebirgen gehören Harz, Eifel, Hunsrück und Rheinisches Schiefergebirge im Westen, Taunus, Spessart, Rhön, Thüringer Wald im Zentrum der Mittelgebirgszone und Fichtelgebirge und Erzgebirge im Osten. Der Süden Deutschlands wird von den Höhenzügen des Schwarzwaldes, der Schwäbischen Alb, der Fränkischen Alb und des Bayerischen Waldes beherrscht. Ganz im Süden befinden sich die Bayerischen Alpen mit dem höchsten Berg Deutschlands, der Zugspitze (2962Meter). Den Alpen vorgelagert ist ein großflächiges, eiszeitlich geprägtes Alpenvorland.
Flüsse und Seen
Die meisten großen Flüsse Deutschlands liegen im Westen des Landes. Der wichtigste ist der Rhein, der streckenweise die Grenze zur Schweiz und zu Frankreich bildet. Zu den Nebenflüssen des Rheins im westlichen Deutschland gehören Lahn, Lippe, Main, Mosel, Neckar und Ruhr. Andere wichtige Flüsse sind die Elbe, die von der tschechischen Grenze im Südosten nach Norden in die Nordsee fließt, und die Donau, die quer durch Süddeutschland nach Österreich fließt. Im Osten bildet die Oder zusammen mit der kleineren Neiße den größten Teil der Grenze Deutschlands zu Polen. Deutschland besitzt nur wenige große Seen. Der größte ist der Bodensee, der zum Teil zu Österreich und zur Schweiz gehört.
Klima
Deutschland hat ein gemäßigtes Klima mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 9ºC. Im Januar schwankt die mittlere Temperatur ortsabhängig zwischen -6 und 1ºC, im Juli zwischen 16 und 20ºC. Im nördlichen Tiefland ist es dabei etwas wärmer als in den mittleren und südlichen Regionen. Die Extremtemperaturen liegen zwischen -30 und 35ºC. Im Süden fallen die meisten Niederschläge mit einer jährlichen Höhe von rund 1980Millimetern. Die Höhe der jährlichen Niederschlagsmenge in den zentralen Mittelgebirgen beträgt maximal 1500Millimeter, im nördlichen Tiefland bis zu 710Millimeter.
Flora und Fauna
Durch die Intensivierung der Landwirtschaft wurde die natürliche Vegetation weitgehend verdrängt. Rund 30Prozent der Fläche Deutschlands sind von Wäldern bedeckt; die meisten Wälder befinden sich in der südlichen Hälfte (Bayern, Baden-Württemberg) des Landes. Etwa zwei Drittel davon bestehen aus Fichten, Kiefern und anderen Nadelbäumen, der Rest aus Laubbäumen wie Buche, Birke und Eiche.
Der Lebensraum der wild lebenden Tiere ist ebenfalls stark eingeschränkt. Häufige Säugetiere sind Reh, Hirsch, Wildschwein, Hase, Maulwurf, Igel, Wiesel, Dachs und Fuchs sowie diverse Nagetiere (Mäuse, Ratten). Größere Raubtiere wie Bär und Wolf wurden frühzeitig ausgerottet. Die artenreiche Vogelwelt teilt sich in dem Winter regelmäßig entfliehende Zugvögel und überwinternde Arten. In den Küstengewässern von Nord- und Ostsee finden sich Hering, Kabeljau und Flunder sowie Seehunde und kleinere Wale (Schweinswal), in den Flüssen und Strömen des Landes Aal, Wels und Forelle. Hecht, Karpfen und andere Speisefische finden sich in den Seen. An den Küsten brüten jährlich mehr als eine halbe Million Wasservögel.
Bevölkerung
Die Einwohnerzahl von Deutschland beträgt etwa 81,54Millionen. Die mittlere Bevölkerungsdichte liegt bei 228Menschen pro Quadratkilometer. Die Bevölkerungsdichte in den Gebieten der ehemaligen DDR ist insgesamt niedriger als die im westlichen Teil Deutschlands. 86Prozent der Bevölkerung leben in Gemeinden mit 2000 oder mehr Einwohnern.
Es gibt einen großen Anteil ausländischer Arbeitnehmer und Familien, vorrangig aus dem südosteuropäischen Raum. Hinzu kommen etwa 1,6Millionen Flüchtlinge. Der Ausländeranteil beträgt insgesamt knapp neun Prozent. Die dänische Minderheit im Bundesland Schleswig-Holstein (etwa 60000Menschen), die Friesen (Nordfriesland, Schleswig, Niedersachsen, etwa 12000Menschen) und die etwa 60000Sorben in Brandenburg und Sachsen genießen bestimmte Sonderrechte (z.B. politischen Minderheitenschutz, Schulunterricht in der eigenen Sprache).
Wichtige Städte
Die Hauptstadt Deutschlands ist Berlin mit rund 3,47Millionen Einwohnern. Sitz der meisten Regierungsbehörden ist allerdings immer noch die frühere Hauptstadt Bonn (etwa 298000Einwohner), eine alte Universitätsstadt am Rhein. Die größten Städte Deutschlands neben Berlin sind Hamburg (1,7Millionen Einwohner), München (1,3Millionen), Köln (1 Million), Frankfurt/Main (664000), Essen (625000), Dortmund (602000), Stuttgart (598000) und Düsseldorf (578000).
Sprache
Die deutsche Sprache gehört zu den indogermanischen Sprachen; mit ihren zahlreichen regionalen Dialekten ist sie hauptsächlich in ihrem Kerngebiet in Deutschland, Österreich und der Schweiz verbreitet. Die ethnischen Minderheiten benutzen teilweise ihre eigenen Sprachen, in einigen Regionen Schleswig-Holsteins z.B. ist Dänisch Schulsprache, und in der Lausitz lebt eine Sorbisch sprechende Minderheit.
Religion
Die Mehrzahl der Deutschen gehört einer der beiden großen christlichen Konfessionen an, der katholischen und der protestantischen Kirche. Daneben gibt es verschiedene kleinere, vornehmlich christliche Glaubensgruppierungen. Trotz der formalen Trennung zwischen Staat und Kirche bestimmen die christlichen Kirchen weite Teile des gesellschaftlichen Lebens. Während besonders der Süden der Bundesrepublik einen sehr hohen Anteil an Katholiken aufweist, bekennt sich im Norden des Landes die Mehrheit zum protestantischen Glauben. Durch den großen Anteil türkischer Arbeitnehmer und deren Familien bilden die Muslime inzwischen die drittgrößte Glaubensgruppe; daneben gibt es etwa 30000Juden in Deutschland.
Soziales
Deutschland verfügt über ein umfassendes System von staatlichen Sozialversicherungen, darunter Versicherungen für Krankheit, Unfall, Altersvorsorge, Berufsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit. Finanziert werden die Versicherungen durch anteilige Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie durch Zuschüsse des Bundes. Das Gesundheitssystem ist gut ausgebaut. Die Krankenversicherungen übernehmen im Krankheitsfall die anfallenden Kosten für ärztliche Behandlung und Medikamente weitgehend. Die unausgewogene Bevölkerungsstruktur (die so genannte "umgekehrte Alterspyramide") mit einem hohen Anteil älterer Menschen und einem geringen Geburtenzuwachs (0,5Prozent) sowie die anhaltende Strukturkrise des Arbeitsmarktes seit den achtziger Jahren führten ab Mitte der neunziger Jahre zu einem partiellen Abbau des Sozialsystems und gleichzeitig zu einer wachsenden Belastung der Arbeitnehmer durch gestiegene Sozialabgaben.
Erstmals seit der Wiedervereinigung stieg die Zahl der Geburten im Vergleich zum Vorjahr im Jahr 1996 wieder an (um 3,8Prozent). Besonders stark war diese Zunahme in den neuen Bundesländern.
Bildung und Kultur
Die Kulturhoheit wird in der Bundesrepublik Deutschland von den Landesregierungen ausgeübt; sie sind für das Bildungssystem verantwortlich. Länderübergreifende Gremien wie die Kultusministerkonferenz stellen sicher, dass Schulsysteme und Anforderungen einander in zentralen Punkten entsprechen.
Bildungswesen
In Deutschland besteht für Kinder und Jugendliche eine neunjährige allgemeine Schulpflicht; der Schulbesuch ist grundsätzlich kostenlos. Der (nicht verbindliche) Besuch eines Kindergartens ist ein ergänzendes pädagogisches Angebot zur sozialen und geistigen Vorbereitung auf den Schuleintritt - und im übrigen eine deutsche Erfindung, die in vielen Ländern Nachahmung fand.
Die Kinder besuchen ab dem festgelegten Einschulungsalter von sechs oder sieben Jahren zunächst vier Jahre lang die Grundschule. Nach Abschluss der Grundschule im Alter von etwa zehn Jahren besuchen fast die Hälfte der Schüler fünf Jahre lang eine Hauptschule. Darauf folgt eine dreijährige Berufsausbildung, bestehend aus einer Lehre oder einem Praktikum und begleitendem Unterricht an einer Berufsschule. Circa ein Fünftel der Kinder besucht nach der Grundschule sechs Jahre lang eine Realschule mit einem Schwerpunkt auf kaufmännischen und berufsvorbereitenden Fächern. Nach der Realschule ist der zweijährige Besuch einer Fachoberschule möglich. Ungefähr einer von vier Schülern besucht nach der Grundschule ein Gymnasium. Das Gymnasium führt nach neun Jahren zum Abitur, das zur Aufnahme eines Universitätsstudiums berechtigt. In den siebziger Jahren eingeleitete Reformen haben die strenge Unterscheidung zwischen den drei Schultypen gelockert, so dass einige Schüler während der Ausbildung von einem Schultyp zum anderen wechseln können. Das ebenfalls in dieser Zeit entstandene Konzept der Gesamtschule vereinigt alle drei Ausbildungswege in einer jederzeit durchlässigen Struktur.
Eine lange Tradition hat das Hochschulwesen: die Heidelberger Ruprecht-Karls-Universität (gegründet 1386) gehört zu den ältesten Universitäten Europas. Andere führende Universitäten Deutschlands sind u.a. in Berlin, Bonn, Erlangen, Frankfurt/Main, Freiburg, Göttingen, Hamburg, Leipzig, Marburg an der Lahn, München und Tübingen ansässig. Außerdem gibt es in Deutschland zahlreiche pädagogische Hochschulen, Kunsthochschulen, Musik- und Filmhochschulen und theologische Seminare sowie die Fernuniversität Hagen.
Kulturelle Einrichtungen
Anders als in England und Frankreich, wo sich das geistige und kulturelle Leben überwiegend in den Hauptstädten London und Paris abspielt, gibt es in Deutschland traditionell viele solcher Zentren. Sie waren jahrhundertelang die Hauptstädte der zahlreichen unabhängigen deutschen Staaten, deren Herrscher Kunst, Musik, Theater und Gelehrsamkeit als Ausdruck ihrer Macht förderten. Berlin war von 1871 bis 1945 die kulturelle und politische Hauptstadt des geeinten Landes und hat diese Rolle seit 1990 wieder inne.
Institutionen wie Museen, Bibliotheken, Opernhäuser, Theater und Orchester werden von den entsprechenden Städten oder Bundesländern subventioniert.
Museen und Bibliotheken
Im 2.Weltkrieg wurden viele Museen, Bibliotheken und historische Gebäude beschädigt oder zerstört, doch viele Kulturschätze blieben erhalten. Das wieder erwachte Interesse an der deutschen Geschichte vor dem 20.Jahrhundert führte zum Aufbau und zur Pflege alter Gebäude, die die Altstädte in vielen deutschen Städten neu belebten.
Die herausragenden Kunstsammlungen der Könige von Preußen befinden sich in Berlin. Die Staatlichen Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz beherbergen Sammlungen ägyptischer Kunst, Gemälde alter Meister in Dahlem und Gemälde des 19. und 20.Jahrhunderts in der Nationalgalerie. Die Sammlungen der bayerischen Herrscher sind in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München (Alte Pinakothek, Neue Pinakothek) untergebracht. Das Bayerische Nationalmuseum in München enthält kunsthandwerkliche Exponate und Sammlungen der Volkskunst. Das Römisch-Germanische Museum in Köln stellt antike römische Funde aus. Ein führendes Museum im Osten Deutschlands sind die Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden, früher im Besitz der Herrscher von Sachsen. Zu ihnen gehören eine weltberühmte Galerie alter Meister und eine schöne Porzellansammlung, beide im Zwinger, und die kunsthandwerkliche Sammlung im Grünen Gewölbe. Die Sammlungen mit antiker, nahöstlicher und islamischer Kunst der preußischen Könige gehören zu den Staatlichen Museen des ehemaligen Ostberlin. Weitere Kunstschätze befinden sich im Privatbesitz der Kirche oder adliger Familien. Bedeutende naturwissenschaftliche Sammlungen beherbergen das Naturmuseum Senckenberg in Frankfurt/Main (sehr viele Ausstellungsstücke stammen aus der Grube Messel bei Darmstadt), das Technische Museum in Dresden und das Deutsche Museum in München, eines der bedeutendsten technischen Museen der Welt. Die Städtischen Museen in Frankfurt beherbergen Kunst- und Volkskunstsammlungen und eine Auswahl archäologischer und historischer Exponate.
Wichtige Forschungsbibliotheken sind die Bayerische Staatsbibliothek in München, die Deutsche Staatsbibliothek in Berlin und die Deutsche Bibliothek in Frankfurt/Main. Außerdem gibt es überall in Deutschland hervorragende Universitätsbibliotheken und zahlreiche städtische und kirchliche Leihbüchereien.
Theater und Musik
Die Theater und Konzertsäle Deutschlands werden von einem großen Publikum besucht. Herausragende Opernhäuser befinden sich in Berlin, Köln, Leipzig, Dresden, Hamburg, München und Stuttgart. Stuttgart ist auch für sein hervorragendes Ballettensemble bekannt. Repertoiretheater, Freiluftbühnen und Kabaretts gibt es in vielen deutschen Städten. Weltberühmt sind die Berliner, die Münchner und die Bamberger Symphoniker, das Gleiche gilt für die Rundfunkorchester von München, Köln und Hamburg. Internationale Besucher erscheinen in großer Zahl zu Festspielen wie den Bayreuther Wagner-Festspielen und den Bachfestivals in Ansbach und Leipzig.
Verwaltung und Politik
Die staatliche Grundordnung Deutschlands wird durch das Grundgesetz festgelegt, das am 23.Mai 1949 verkündet und später wiederholt abgeändert bzw. ergänzt wurde. Das Grundgesetz definiert die Bundesrepublik Deutschland als "demokratischen und sozialen Bundesstaat". Staatsform ist die parlamentarische Demokratie. Mit der Wiedervereinigung am 3.Oktober 1990 wurde der Geltungsbereich des Grundgesetzes auf die neuen Bundesländer ausgedehnt.
Exekutive
Der Bundespräsident ist das deutsche Staatsoberhaupt. Er wird von der Bundesversammlung, bestehend aus den Mitgliedern des Bundestages und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Länderparlamenten bestimmt werden, auf fünf Jahre gewählt. Der Bundespräsident schlägt den Bundeskanzler vor, der der Bundesregierung vorsteht. Der Bundeskanzler, der seine Kabinettsminister ernennt, muss dann vom Bundestag mit einer absoluten Mehrheit bestätigt werden.
Legislative
Das deutsche Parlament besteht aus zwei Kammern - dem Bundestag und dem Bundesrat. Beide wurden 1990 erweitert, um Vertreter der östlichen Bundesländer aufzunehmen. Die Mitglieder des Bundestages werden in allgemeinen Wahlen für eine Amtszeit von bis zu vier Jahren gewählt, wahlberechtigt sind alle Bürger ab 18Jahren. Die Hälfte der Parlamentarier wird als Direktkandidaten einzelner Wahlkreise gewählt, die andere Hälfte nach den Grundsätzen der Verhältniswahl; eine Partei kann nach gegenwärtigem Wahlrecht nur dann in den Bundestag einziehen, wenn sie mindestens fünf Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigt. Die Mitglieder des Bundesrates werden von den Länderregierungen benannt. Die Zahl der Delegierten, die die einzelnen Länder entsenden, schwankt entsprechend der Einwohnerzahl des jeweiligen Landes zwischen drei und sechs.
Gesetze werden im Allgemeinen durch einfache Mehrheit im Bundestag verabschiedet. Gesetze von speziellem Länderinteresse müssen dagegen auch vom Bundesrat gebilligt werden. Der Bundesrat kann gegen vom Bundestag verabschiedete Gesetze sein Veto einlegen. Der Einspruch kann allerdings zurückgewiesen werden, wenn der Bundestag das Gesetz erneut verabschiedet; bei manchen Gesetzen muss die Zurückweisung mit derselben Mehrheit erfolgen, mit der der Einspruch im Bundesrat erfolgte. Für Änderungen des Grundgesetzes ist eine Zweidrittelmehrheit von Bundestag und Bundesrat notwendig; bestimmte elementare Bestandteile des Grundgesetzes dürfen nicht geändert werden.
Judikative
Das höchste Gericht ist das Bundesverfassungsgericht mit Sitz in Karlsruhe. Es ist die höchste Instanz bei der Auslegung des Grundgesetzes in allen Streitfällen. Daneben gibt es sechs weitere Bundesgerichte - den Bundesgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht, den Bundesfinanzhof, das Bundesarbeitsgericht, das Bundessozialgericht und das Bundespatentgericht. An der Spitze der Landesgerichte eines Bundeslandes steht das jeweilige Oberlandesgericht.
Verwaltungsgliederung
Deutschland ist aufgeteilt in 16Bundesländer: Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen. Die Regierungen der Bundesländer verfügen über umfassende Kompetenzen, darunter das Recht, Steuern zu erheben, die Ausgestaltung einer eigenen Bildungs- und Kulturpolitik und die Aufsicht über die Polizei. Jedes Bundesland besitzt ein in allgemeinen Wahlen gewähltes Parlament, das einen Ministerpräsidenten oder Ersten Bürgermeister (Hamburg, Bremen und Berlin) als Vorsitzenden der Landesregierung bestimmt. Die Bundesländer sind in Regierungsbezirke, Landkreise und kreisfreie Städte gegliedert.
Politische Parteien
Nach den allgemeinen Wahlen zum Bundestag des vereinigten Deutschland 1994 waren folgende politische Parteien im Bundestag vertreten: die Christlich-Demokratische Union (CDU), die Christlich-Soziale Union (CSU), die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), die Freie Demokratische Partei (FDP), Bündnis90/Die Grünen und die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS).
Die konservative CDU ist in Bayern nicht vertreten; dort ist stattdessen die eng mit ihr verbundene CSU aktiv. Beide Parteien wurden 1945 gegründet. Im Ahlener Programm der CDU wurden zunächst dezidiert sozialistische Grundsätze formuliert (betriebliche Mitbestimmung, Verstaatlichung von Schlüsselindustrien), nach 1947 setzten sich die konservativen Kräfte in der Partei durch. Die 1875 gegründete SPD vollzog 1959 mit ihrem Godesberger Programm die endgültige Abkehr von marxistischen Idealen und wandelte sich zu einer mehrheitsfähigen Volkspartei.
Ausschlaggebend für die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag war oft die 1948 gegründete FDP. Die FDP hat mit CDU und CSU von 1949 bis 1953 und von 1961 bis 1966 Koalitionsregierungen gebildet, mit der SPD von 1969 bis 1982. 1982 ging sie wieder mit CDU und CSU zusammen und war an den nach den Wahlen von 1983, 1987 und 1990 gebildeten Regierungen beteiligt. Zum ersten Mal im Bundestag vertreten war 1983 die aus den zahlreichen Bürgerprotesten der achtziger Jahre und der Friedensbewegung hervorgegangene Partei der Grünen, zu deren Programm der Umweltschutz, die Ablehnung der Atomenergie und pazifistische Ziele gehörten.
Nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Regierung der DDR 1989 bildete sich, vorrangig aus Resten der Sozialistischen Einheitspartei (SED), die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) heraus. Sie konnte sich als Oppositionspartei profilieren und in den neuen Bundesländern Wahlerfolge erzielen.
Verteidigung
Im Zuge der Westintegration der Bundesrepublik wurde 1955 die Bundeswehr gegründet und in die Streitkräfte der NATO (North Atlantic Treaty Organization: Nordatlantischer Verteidigungspakt) integriert. Die Bundeswehr ist ihrem Auftrag gemäß als reine Verteidigungsarmee definiert, die außerhalb Deutschlands nur unter bestimmten Voraussetzungen eingesetzt werden darf. Im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien und in Somalia kam es in den neunziger Jahren zu den ersten Auslandseinsätzen der Bundeswehr. In der DDR bestand bis 1989 die Nationale Volksarmee (NVA) die ihrerseits in den Warschauer Pakt eingebunden war. Es besteht eine allgemeine Wehrpflicht. Wehrpflichtig sind alle Männer zwischen 18 und 28Jahren, der Wehrdienst dauert derzeit zehn Monate. Daneben gibt es die grundgesetzlich garantierte Möglichkeit, den Dienst mit der Waffe aus Gewissensgründen zu verweigern; anerkannte Kriegsdienstverweigerer sind zu einem Ersatzdienst verpflichtet, der in der Regel soziale Aufgaben in öffentlichen Einrichtungen umfasst (Zivildienst).
Die internationalen Abkommen, auf deren Grundlage 1990 die Vereinigung Deutschlands erfolgte, koppelten den allmählichen Rückzug der sowjetischen Streitkräfte aus dem Osten Deutschlands an die Verpflichtung der NATO, dort keine eigenen Truppen zu stationieren.
Wirtschaft
Im Rahmen des Wiederaufbaus nach dem 2.Weltkrieg etablierte sich im westlichen Teil Deutschlands ein liberales Wirtschaftssystem. Die vom ersten Finanzminister der Bundesrepublik, Ludwig Erhard, propagierte soziale Marktwirtschaft begleitete den mit finanzieller Unterstützung aus den Vereinigten Staaten (siehe Marshallplan) einsetzenden, als Wirtschaftswunder apostrophierten wirtschaftlichen Aufschwung der fünfziger und sechziger Jahre. Die Bundesrepublik Deutschland stieg in den siebziger und achtziger Jahren zu einem der weltweit wirtschaftlich führenden Länder auf.
Die Gesamtzahl der Erwerbspersonen in Deutschland beträgt etwa 40Millionen Menschen. Rund 38Prozent davon arbeiten im produzierenden Gewerbe. Rund elf Millionen Arbeitnehmer sind in Gewerkschaften organisiert, 7,9Millionen von ihnen gehören einer Gewerkschaft des Deutschen Gewerkschaftsbundes an. Die Arbeitslosenquote befand sich 1997 mit mehr als elf Prozent auf dem absoluten Höchststand seit 1945, wobei der Prozentsatz in den östlichen Bundesländern höher als in den westlichen Bundesländern lag. Damit waren offiziell 4,6Millionen Menschen ohne Arbeit, zuzüglich einer erheblichen Dunkelziffer aus erwerbswilligen, aber nicht gemeldeten Personen.
Landwirtschaft
Deutschland importiert rund ein Drittel seines Nahrungsmittelbedarfs. Die Mehrzahl der Bauernhöfe im Westen des Landes sind relativ klein; rund 75Prozent haben eine Fläche von höchstens 20Hektar. Sie werden von ihren Besitzern und deren Familien oft als Nebenerwerbsbetrieb bewirtschaftet. In der Landwirtschaft arbeiten nur noch rund 1,7Millionen Menschen. In den letzten Jahren stellten viele Betriebe wirtschaftlich erfolgreich auf eine biologisch-dynamische Produktionsweise um und schlossen sich zum Teil alternativen Vermarktungsorganisationen an.
Die besten Anbaugebiete befinden sich am Südrand des Norddeutschen Tieflands. Angebaut werden hauptsächlich Zuckerrüben, Kartoffeln, Gerste, Weizen, Hafer und Roggen. In einigen klimatisch begünstigten Gebieten wird in Sonderkulturen Wein angebaut. Namhafte Anbaugebiete liegen u.a. in Franken, in Rheinhessen, an der Mosel und am Kaiserstuhl. Große Mengen an Rindern, Schafen, Schweinen und Geflügel werden zunehmend in spezialisierten Betrieben gezüchtet.
Forstwirtschaft und Fischerei
Forstwirtschaft und Fischerei spielen in Deutschland eine beträchtliche Rolle. Bei der Aufforstung werden schnell wachsende Nadelhölzer bevorzugt. Die bedeutendsten Ressourcen befinden sich in den großen Wäldern im Südwesten; über 70Prozent davon sind Nadelholz. Der seit den achtziger Jahren bekannte saure Regen verursachte zum Teil gravierende Waldschäden, welche die Existenzgrundlage der Forstwirtschaft lang- oder mittelfristig massiv bedrohen.
Die wichtigsten Fischereihäfen des Landes sind Bremen, Bremerhaven und Cuxhaven an der Nordsee und Kiel an der Ostsee. Die Fangmenge beläuft sich auf durchschnittlich etwa 400000Tonnen, der überwiegende Anteil davon sind verschiedene Seefische, besonders Heringe.
Bergbau
Deutschland verfügt über bedeutende Vorkommen verschiedener Bodenschätze. Der wichtigste ist die Steinkohle, die vor allem im Ruhrgebiet und im Saarland lagert, auch wenn durch den Bergbau ein großer Teil der Vorräte erschöpft ist. Im Osten wird im großen Maßstab Braunkohle abgebaut, eine Kohle geringerer Qualität. Reiche Vorkommen an Kalisalzen gibt es vor allem im Südwesten um Freiburg, Erdöl- und Erdgasvorkommen im Norden in der Nähe der Mündungen von Ems und Weser und östlich von Kiel. Deutschland besitzt außerdem große Vorkommen an Steinsalz und vergleichsweise kleinere an Quecksilber, Silber, Schwefel und Blei-, Uran- und Zinkerzen.
Industrie
Der wichtigste Bereich der deutschen Wirtschaft ist die Industrie mit einer Vielzahl von Produkten. Hergestellt werden vor allem Nahrungsmittel, Maschinen, chemische und elektrotechnische Erzeugnisse und Kraftfahrzeuge.
Große industrielle Unternehmen konzentrieren sich in verschiedenen Wirtschaftszentren. Das größte Industriegebiet liegt in Nordrhein-Westfalen; zu ihm gehören das Stahl produzierende Ruhrgebiet und weitere große Industriebezirke wie Aachen, Köln und Düsseldorf mit Chemie, Metallverarbeitung und Maschinen- und Kraftfahrzeugbau. Eine andere große Industrieregion liegt am Zusammenfluss von Rhein und Main. Zu ihr gehören die Städte Frankfurt, Wiesbaden, Mainz und Offenbach mit Metall verarbeitender, chemischer, pharmazeutischer, Elektro- und Autoindustrie. Südlich davon erstreckt sich entlang des Rheins ein bedeutender Industriebezirk mit den Zentren Mannheim, Ludwigshafen und Karlsruhe mit chemischer Industrie, Maschinenbau und Baumaterialien. Stuttgart ist der Mittelpunkt einer Region mit Fahrzeug- und Maschinenbau sowie Elektro-, Textil- und optischer Industrie. In der Münchner Region sind Flugzeug-, Auto-, Rüstungs- und Bekleidungsindustrie, Genussmittelindustrie und zahlreiche Verlagshäuser beheimatet. Weitere Industriegebiete liegen im Nordwesten und Norden Deutschlands. Zu ihnen gehört die Region Hannover-Braunschweig mit Stahl-, Auto- und chemischer Industrie und die Seehäfen Hamburg, Bremen, Kiel und Wilhelmshaven, die als Umschlagplätze für Wirtschaftsgüter aus aller Welt zahlreichen Industrien (Erdölraffinerien, Nahrungsmittel, Schiffbau) als Standort dienen. In Wolfsburg befindet sich mit dem Volkswagenwerk der bedeutendste deutsche Automobilhersteller. Die Hauptstadt Berlin ist ein wichtiger Standort der Elektroindustrie.
Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR stellen die immense Umweltverschmutzung und die industriell bedingten Altlasten ein großes Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung dar. Viele Betriebe wurden aufgrund ökologischer, ökonomischer und technologischer Probleme stillgelegt. Die Industriestandorte befinden sich vor allem in den Bundesländern Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und im südlichen Brandenburg. Viele chemische Fabriken befinden sich in der Region von Dessau, Halle und Leipzig (Schkopau, Wolfen, Bitterfeld, Leuna). Eine große petrochemische Anlage in Schwedt an der Oder im Nordosten Deutschlands verarbeitet Erdöl, das über Pipelines aus Russland kommt. In zahlreichen Städten im Südwesten, vor allem in Sachsen, wird die Industrie durch den Maschinenbau geprägt. Zentren des Fahrzeugbaus sind die Städte Eisenach, Zwickau, Suhl und Ludwigsfelde. Optische und Präzisionsinstrumente werden in Jena und Görlitz hergestellt. Rostock und Wismar an der mecklenburgischen Ostseeküste waren die Zentren des Schiffbaus der ehemaligen DDR.
Währung und Bankwesen
Währungseinheit in Deutschland ist die Deutsche Mark (DM). Eine Deutsche Mark besteht aus 100Pfennigen.
Notenbank der BRD ist die Deutsche Bundesbank, ein von der Regierung unabhängiges Institut mit Sitz in Frankfurt. Die größten der zahlreichen privaten Banken Deutschlands sind Aktiengesellschaften, so z.B. die Deutsche Bank, die Dresdner Bank und die Commerzbank. Daneben gibt es viele Sparkassen und kleinere private Kreditinstitute. Die großen Banken breiteten sich im Gefolge der Wiedervereinigung rasch auf das Gebiet der ehemaligen DDR aus.
Der Vertrag von Maastricht und damit zusammenhängende Abkommen sehen vor, eine europäische Zentralbank mit Sitz in Frankfurt zu schaffen. Damit im Zusammenhang steht die geplante Einführung eines europäischen Währungssystems (EWS), das die nationale Währung ablösen soll.
Außenhandel
Deutschland ist eine bedeutende Handelsnation und nach Statistiken der GATT-Organisation (Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen) einer der führenden Exporteure von Gütern. Von den frühen fünfziger bis Ende der achtziger Jahre hat der Erlös aus Warenexporten die Ausgaben für Importe in der Regel weit übertroffen. Die wichtigsten deutschen Exportartikel sind Maschinen, Autos, chemische Erzeugnisse, Eisen, Stahl, Textilien und Kleider. Importiert werden vor allem Rohöl und raffiniertes Öl, Maschinen, Nahrungsmittel, chemische Erzeugnisse, Kleider und Fahrzeuge. Deutschland ist ein wichtiger Handelspartner von Ländern der Europäischen Union, der Vereinigten Staaten, der Schweiz, der ehemaligen Ostblockstaaten und des asiatischen Raums. Zum Freihandel innerhalb der Europäischen Union kommt für die meisten deutschen Industrieprodukte der Freihandel mit den anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation (European Free Trade Association, EFTA).
Verkehrswesen
Deutschland besitzt ein hoch entwickeltes Verkehrssystem mit einem außergewöhnlich dichten Netz von Straßen und insbesondere Autobahnen. 1992 waren in Deutschland etwa 40Millionen Personenkraftwagen und 3Millionen Nutzfahrzeuge zugelassen. Deutschland verfügt außerdem über ein hervorragendes, praktisch flächendeckendes Eisenbahnnetz, betrieben von der 1994 aus der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn hervorgegangenen privatrechtlichen Deutschen BahnAG. Neben dem Personenverkehr kommt dem Gütertransport traditionell eine wichtige Rolle zu. Angesichts des dichten Straßennetzes werden jedoch tendenziell immer mehr Güter mit Lastwagen transportiert. Verbundsysteme in Form von Container-Terminals oder der Rollenden Landstraße (einem Huckepack-Verfahren für Schwerlastwagen) versuchen dem entgegenzusteuern. Neuartige Hochgeschwindigkeitszüge wie der ICE verkürzen die Fahrzeiten im Personenverkehr auf langen Strecken in Verbindung mit neuen (ökologisch umstrittenen) Trassenführungen erheblich und treten so teilweise in Konkurrenz zum Flugzeug.
Von nach wie vor großer Bedeutung für den internationalen Güterverkehr ist trotz der langen Transportzeiten die Schifffahrt. Die Heimathäfen der deutschen Handelsflotte sind Hamburg, Wilhelmshaven, Bremen, Nordenham und Emden für die Nordsee und Lübeck, Wismar, Rostock und Stralsund für die Ostsee. Wichtige Binnenschifffahrtswege sind der Rhein und andere Flüsse und Kanäle wie der Mittellandkanal am Südrand des Norddeutschen Tieflands, der Rhein-Main-Donau-Kanal und der Nord-Ostsee-Kanal, der Nordsee und Ostsee verbindet. Der wichtigste und größte Binnenhafen ist Duisburg. Der Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt ist der größte Flughafen Europas; daneben gibt es noch weitere Großflughäfen, so z.B. München, Köln-Düsseldorf und Hannover. Größte deutsche Fluggesellschaft ist die Deutsche Lufthansa AG, die zahlreiche Ziele im In- und Ausland anfliegt.
Energie
Strom wurde in Deutschland früher vor allem aus Kohle gewonnen, doch ging deren Verwendung in den siebziger und achtziger Jahren zurück. Gegenwärtig sind für die Stromversorgung des Landes hauptsächlich Erdöl und (in geringerem Maße) Kernenergie zuständig. Im Süden tragen Wasserkraftwerke an den großen Flüssen zur Stromversorgung bei. Deutschland fördert zwar auch selbst Erdöl und Erdgas, importiert aber den größten Teil seines Bedarfs. Die Regierung der BRD förderte zunächst den Bau von Atomkraftwerken, vollzog aber 1989 eine Kehrtwendung, zum Teil in verspäteter Reaktion auf die atomare Katastrophe von 1986 in Tschernobyl (Ukraine). In der Folge wurden einige Kraftwerke stillgelegt und Pläne für den Bau weiterer Anlagen aufgegeben.
Geschichte
Siehe auch deutsche Geschichte; Siehe Nachkriegszeit (Deutschland 1945-1949); Siehe Deutsche Demokratische Republik (DDR).
Nach der Wahl zum ersten Deutschen Bundestag vom 14.September 1949 bildete Konrad Adenauer eine Koalitionsregierung aus CDU (Christlich-Demokratische Union), CSU (Christlich-Soziale Union), FDP (Freie Demokratische Partei) und DP (Deutsche Partei). Theodor Heuss wurde zum Bundespräsidenten gewählt. Während die SPD im Wahlkampf Planwirtschaft und Sozialisierung der Grundstoffindustrien gefordert hatte, leitete die Regierung Adenauer unter Wirtschaftsminister Ludwig Erhard eine Politik der sozialen Marktwirtschaft ein. Sie ermöglichte die wirtschaftliche Eingliederung der Vertriebenen und trug der CDU/CSU in den Bundestagswahlen von 1953 und 1957 hohe Stimmgewinne ein.
Eine selbständige Außenpolitik ermöglichten die Revision des Besatzungsstatuts (1951) und das "Petersberger Abkommen" vom November 1949, das die Errichtung konsularischer Vertretungen im Ausland und die Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an internationalen Organisationen gestattete. 1951 unterzeichnete die Bundesregierung den Vertrag über die Montanunion.
Die Westintegration
Die von den USA gewünschte und von Adenauer angebotene Beteiligung der Bundesrepublik an der Verteidigung Westeuropas und damit die Aufstellung von westdeutschen Streitkräften führte zu scharfen innenpolitischen Auseinandersetzungen. 1952 wurde dennoch der Vertrag über die "Europäische Verteidigungsgemeinschaft" (EVG) zusammen mit dem Deutschlandvertrag unterzeichnet. Nachdem die französische Nationalversammlung 1954 den EVG-Vertrag abgelehnt hatte, wurde das Problem des deutschen Verteidigungsbeitrags durch die Schaffung der Westeuropäischen Union gelöst. Zugleich erhielt die Bundesrepublik erweiterte Souveränitätsrechte, und es erfolgte ihre Aufnahme in den Nordatlantikpakt (NATO). Am 5.Mai 1955 wurde nach Ratifizierung der Pariser Verträge (1954) das Besatzungsstatut aufgehoben und die Bundesrepublik Deutschland für souverän erklärt.
Die wirtschaftliche Integration der Bundesrepublik in den Westen erhielt mit der in den Römischen Verträgen (1957) beschlossenen Schaffung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) neuen Auftrieb.
Das Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion
Das Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zur Sowjetunion und den osteuropäischen Staaten war durch die kontroverse Haltung in der Deutschlandfrage bestimmt. Die Angebote Stalins von 1952 (siehe Stalin-Note), ein wieder vereinigtes, neutralisiertes Deutschland zuzugestehen und auch über freie, gesamtdeutsche Wahlen diskutieren zu wollen, fielen direkt in die Endphase der Verhandlungen über den EVG- und Deutschlandvertrag im Anschluss an die erfolgreich verlaufene Londoner Außenministerkonferenz (17.-19.Februar 1952). Die Westmächte, die in Stalins Vorstoß nur eine taktische Variante sowjetischen Vormachtstrebens in Deutschland und Europa sahen, waren nicht bereit, die inzwischen fortgeschrittene Integration Westdeutschlands in das westliche Bündnis rückgängig zu machen und die Bundesrepublik zugunsten eines neutralen Deutschlands aufzugeben. Sie bestanden auf international kontrollierten Wahlen als Prämisse für die Bildung einer frei gewählten deutschen Regierung. Auch Adenauer vermutete, dass Stalin mit seinen Verhandlungsangeboten die erfolgreich begonnene Einigung Westeuropas behindern und die USA aus Europa verdrängen wollte. Er hielt es daher, im Unterschied zu Politikern der SPD, FDP und der eigenen Partei, in dieser Situation für ungünstig, über die sowjetische Offerte zu verhandeln, zumal die unter alliierter Vormundschaft stehende Bundesrepublik keine Mitsprachemöglichkeit besaß. Der Tod Stalins am 5.März 1953 weckte Hoffnungen auf eine Entspannung der Lage in Europa, vor allem weil nach Ende des Koreakrieges mit dem Indochinakrieg neue Komplikationen in der Weltpolitik entstanden waren.
Die gewaltsame Niederschlagung des Volksaufstands in Ostberlin und verschiedenen Orten der DDR am 17.Juni 1953 durch die Rote Armee schien allerdings das Sicherheitsdenken der Bundesregierung zu bestätigen und führte zu einem großen Wahlerfolg der CDU bei der Bundestagswahl im September 1953. Als Antwort auf den Abschluss der Pariser Verträge vom 5.Mai 1955 und die damit erfolgte Einbindung der Bundesrepublik in das westliche Militärbündnis schlossen sich Mitte Mai acht Staaten des Ostblocks zu einem Militärbündnis unter der Führung Moskaus - dem Warschauer Pakt - zusammen. Ihm wurden 1956 auch die inzwischen geschaffenen Streitkräfte der Nationalen Volksarmee eingegliedert.
Die Sowjetunion ging nun von der Existenz zweier völkerrechtlich getrennter deutscher Staaten aus, die die Deutschlandfrage künftig in eigener Verantwortung zu lösen hatten. Der Versuch Adenauers, Moskau von dieser Theorie abzubringen, gelang nicht. Immerhin aber konnte er die Freilassung der letzten knapp 10000 deutschen Kriegsgefangenen sowie circa 20000Zivilinternierter aus der Sowjetunion erreichen und damit einen großen persönlichen Erfolg verbuchen. Als Gegenleistung musste der Kanzler der von Moskau geforderten Aufnahme diplomatischer Beziehungen zustimmen und den Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik aufgeben. Um zu verhindern, dass künftig auch andere Staaten außerhalb des Warschauer Paktes diplomatische Beziehungen zu Ostberlin aufnahmen, wurde im Bonner Auswärtigen Amt die nach dem Außenminister benannte Hallsteindoktrin entwickelt, die jede Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der DDR als "unfreundlichen Akt" gegenüber der Bundesrepublik betrachtete und mit dem Abbruch der Beziehungen beantwortete. Als Druckmittel galt die erstarkte westdeutsche Wirtschaft und die mit dem Aufbau der Bundeswehr erreichte militärische Gleichberechtigung.
Parteienverbote
Im Interesse der im Grundgesetz verankerten "wehrhaften Demokratie" bestätigte das Bundesverfassungsgericht das Verbot zweier verfassungswidriger Parteien: 1952 wurde die 1949 gegründete neonazistische Sozialistische Reichspartei (SRP) und 1956 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) verboten. Andere kleine Parteien verloren in den folgenden Jahren immer mehr an Stimmen.
Das Godesberger Programm der SPD
Die SPD konnte nach dem Tod ihres Vorsitzenden Kurt Schumacher (1952) mit dem Godesberger Programm von 1959 ihre innenpolitische Stellung verbessern. Die Partei löste sich von marxistischen Programmteilen, ohne ihren Anspruch auf einen demokratischen Sozialismus aufzugeben.
Der Mauerbau
Mit der Errichtung der Mauer in Berlin durch die DDR am 13.August 1961 war jede Hoffnung auf eine Wiedervereinigung zerstört. Noch während des über Nacht begonnenen Baus kam es zu dramatischen Fluchtaktionen, teils sogar aus den Fenstern von Häusern, die sich genau auf der Grenze befanden. Die Berliner Mauer wurde zum Symbol des "Eisernen Vorhangs" zwischen Ost und West; der Versuch ihrer Überwindung kostete zahlreiche Menschen das Leben. In den folgenden Jahrzehnten baute die DDR ihre Staatsgrenze zur Bundesrepublik zu einem beinahe unüberwindlichen "Todesstreifen" mit Stacheldraht, Minen, Selbstschussanlagen und scharfen Wachhunden aus. Dennoch kam es immer wieder zu spektakulären, aber auch tragisch endenden Fluchtversuchen. Zur Unterbindung der strafbaren (!)"Republikflucht" erließ die DDR-Führung schon bald einen Schießbefehl an die Grenzsoldaten.
Adenauer, der befürchtet hatte, dass sein sofortiges Erscheinen in der nun geteilten Stadt zu unkontrollierten Aufständen - besonders im Ostteil - führen würde, kam erst am 22.August 1961 nach Berlin. Dies kostete ihn und seine Partei in den folgenden Bundestagswahlen vom 17.September 1961 zahlreiche Stimmen. Zunehmende Differenzen mit seinen Ministern und seiner Partei führten am 15.Oktober 1963 zu seinem Rücktritt. Sein Nachfolger im Amt wurde Ludwig Erhard. Mit seiner bisherigen Tätigkeit als Wirtschaftsminister hatte sich das so genannte Wirtschaftswunder verbunden, der rasche wirtschaftliche Aufschwung mit Vollbeschäftigung, dessen Grundlagen jedoch bereits durch den amerikanischen Marshallplan gelegt worden waren. Die von Erhard geführte Koalitionsregierung aus Unionsparteien und FDP wurde nach den Wahlen von 1965 erneuert. Mit der Friedensnote vom 25.März 1966, die das Angebot des gegenseitigen Gewaltverzichts beinhaltete, wagten Kanzler Erhard und sein Außenminister Gerhard Schröder einen ersten Schritt in Richtung auf einen Abbau der Konfrontation mit der DDR und eine Ausrichtung der deutschen Außenpolitik auf die Gegebenheiten der deutschen Spaltung. Dagegen gelang es der Regierung nicht, die wachsende wirtschaftliche Rezession zu beheben und die u.a. dadurch entstandene Unruhe im Land zu beruhigen.
Von der großen Koalition zur sozialliberalen Regierung
Am 1.Dezember 1966 bildete Kurt Georg Kiesinger (CDU) eine große Koalition aus CDU/CSU und SPD, die u.a. eine wirtschaftliche Neuorientierung einleitete. Die Tatsache einer großen Koalition verstärkte die Proteste der Jugend, besonders der Studenten, die seit Anfang der sechziger Jahre kritisch mit der nationalsozialistischen Vergangenheit ins Gericht gegangen war und die, beeinflusst durch die neomarxistische Frankfurter Schule, nach grundlegenden Reformen in Staat und Gesellschaft rief. Zahlreiche, zum Teil gewalttätige Demonstrationen in den westdeutschen Großstädten und die Bildung einer außerparlamentarischen Opposition (APO) waren die Folge. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen wurde 1968, gegen heftigen Widerstand insbesondere der Gewerkschaften und gegen die Stimmen der FDP und von 50Bundestagsabgeordneten der SPD, eine Notstandsverfassung mit Vorschriften für den "Verteidigungsfall", für Spannungssituationen und für Katastrophenfälle beschlossen.
Entwicklung zu einer entspannten Ostpolitik
1969 wurde Gustav Heinemann (SPD) zum Bundespräsidenten gewählt. Gewinner der Bundestagswahl vom 28.September 1969 wurde die SPD. Zusammen mit der FDP bildete sie unter Bundeskanzler Willy Brandt die neue Regierung, die antrat, eine neue Politik, vor allem im Verhältnis zur DDR, zu entwickeln. Die Staatlichkeit der DDR im Rahmen der deutschen Nation wurde akzeptiert und der Versuch unternommen, mit ihren Führern ins Gespräch zu kommen. Durch Unterzeichnung eines deutsch-sowjetischen Vertrags in Moskau über Gewaltverzicht (1970) und eines deutsch-polnischen in Warschau über die Anerkennung der bestehenden polnischen Westgrenze an der Oder-Neiße-Linie (unter Vorbehalt) sowie den Abschluss eines Berlinabkommens (1971) leitete Brandt eine neue Deutschland- und Ostpolitik ein. Es folgten ein Verkehrsvertrag und der Grundlagenvertrag (1973), der die Beziehungen der beiden deutschen Staaten zueinander auf eine vertragsmäßige Basis stellen sollte. Die Auseinandersetzungen um die vor allem von der CDU befeindeten Ostverträge bestimmten von 1970 bis 1973 die innenpolitische Diskussion.
Durch ein konstruktives Misstrauensvotum versuchte die CDU/CSU-Opposition am 27.April 1972 vergeblich, Brandt zu stürzen. Durch das Überwechseln von Abgeordneten der FDP und der SPD zur Opposition verlor die Regierung zwar Sitze, gewann dann aber in der vorgezogenen Bundestagswahl 1972, und die SPD wurde stärkste Fraktion im Bundestag.
Am 18.September 1973 wurden die Bundesrepublik und die DDR in die Vereinten Nationen (UNO) aufgenommen. Die Auswirkungen des Nahostkrieges vom Oktober 1973 mit der Ölkrise und der beschleunigten Inflation, große tarifpolitische Zugeständnisse der Regierung, innerparteiliche Kämpfe in der SPD und Spannungen mit dem Koalitionspartner, u.a. verursacht durch die Mitbestimmungsfrage, schwächten die Stellung Brandts. Dagegen konnte die CDU/CSU bei verschiedenen Landtagswahlen seit 1973 an politischem Terrain zugewinnen.
Nach der Enttarnung des DDR-Spions Günther Guillaume (siehe Guillaume-Affäre) im Bundeskanzleramt trat Brandt am 7.Mai 1974 zurück. Kurz zuvor, am 2.Mai, hatten die Ständigen Vertretungen der beiden deutschen Staaten in Bonn und Ostberlin ihre Arbeit aufgenommen. Akkreditiert wurden am 20.Juni für die Bundesrepublik Günther Gaus und für die DDR Michael Kohl. Die DDR sagte im Gegenzug Verbesserungen im Besucher- und Reiseverkehr zu.
Bundeskanzler Helmut Schmidt
Am 15.Mai 1974 wählte die Bundesversammlung den FDP-Vorsitzenden Walter Scheel zum vierten Bundespräsidenten und einen Tag später der Bundestag Finanzminister Helmut Schmidt (SPD) zum neuen Bundeskanzler. Seinem Kabinett gehörten elf SPD- und vier FDP-Minister an.
Am 1.August 1975 endete nach zweijährigen Beratungen in Genf und Helsinki die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) mit der Unterzeichnung der Schlussakte durch Repräsentanten von 35Staaten Europas - unter ihnen beide deutsche Staaten. In der Folge wurde u.a. ein Renten- und Kreditabkommen mit Polen abgeschlossen und die Ausreise von 125000Deutschstämmigen in die Bundesrepublik in den kommenden vier Jahren vereinbart.
Im November 1975 verabschiedete die SPD auf dem Mannheimer Parteitag einen ökonomisch-politischen Orientierungsrahmen als Langzeitprogramm bis 1985, das, vom Godesberger Programm ausgehend, die Grundwerte des demokratischen Sozialismus präzisierte.
Bei der achten Bundestagswahl vom 3.Oktober1976 wurde die CDU/CSU wieder stärkste Fraktion, doch behauptete die sozialliberale Koalition knapp die Mehrheit.
Organisierter Terrorismus
Ein Hauptproblem der Innenpolitik in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre ergab sich aus dem Auftreten des bewaffneten Terrorismus in Form der Baader-Meinhof-Bande und ihrer Nachfolgeorganisation Rote-Armee-Fraktion (RAF) mit mehreren Attentaten auf Politiker und einflussreiche Repräsentanten der Wirtschaft sowie der Diskussion um die Methoden der strafrechtlichen Verfolgung (Kontaktsperregesetz, Verteidigerausschluss).
Im Juni 1978 musste Innenminister Werner Maihofer (FDP) wegen Fahndungspannen im Entführungsfall Schleyer und des umstrittenen "Lauschangriffs" auf den der Kontakte zur Terrorszene verdächtigten Atomwissenschaftler Klaus Traube zurücktreten. Sein Nachfolger wurde Gerhard Baum (FDP).
Die Beziehungen zur DDR Anfang der achtziger Jahre
Am 1.Juli 1979 übernahm Carl Carstens (CDU) das Amt des Bundespräsidenten. Trotz zunehmender Verhandlungsaktivitäten zwischen beiden deutschen Staaten und angeblich expandierender DDR-Wirtschaft nahmen DDR-Bürger nach wie vor große Risiken auf sich, um in die Bundesrepublik zu flüchten. Mitte September 1979 gelang acht DDR-Bürgern die Flucht mit einem Heißluftballon. Im August 1980 gab die Zentrale Erfassungsstelle der deutschen Länderjustizverwaltung bekannt, dass seit dem 13.August 1961, dem Tag des Baus der Mauer in Berlin, 25000Fälle von Gewaltanwendung und Übergriffen von DDR-Organen registriert und 177Menschen an der Mauer ums Leben gekommen waren. Ebenfalls im September 1979 befürwortete die Synode des "Bundes der Evangelischen Kirche der DDR" in Dessau den baldigen Zusammenschluss der Landeskirchen.
Die Beziehungen zur DDR wurden auf verschiedenen Ebenen ausgebaut. Im März 1980 beschlossen die Jungsozialisten in der SPD (Vorsitzender Gerhard Schröder), ihre Beziehungen zur Freien Deutschen Jugend (FDJ) zu vertiefen, und bei einem Gespräch mit Bundeskanzler Schmidt im April erklärte Günter Mittag, Mitglied des Politbüros und ranghöchster Wirtschaftspolitiker der DDR, seine Regierung wünsche einen systematischen Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen mit der Bundesrepublik. Außerdem wurde zur Verbesserung des Berlinverkehrs ein Abkommen unterzeichnet, nach dem sich die Bundesrepublik mit 507Millionen DM an den Kosten beteiligen sollte. Aus Anlass des Tages der Deutschen Einheit am 17.Juni 1980 betonte Kanzler Schmidt die Vordringlichkeit des Friedens; die deutsche Einheit sei nicht erzwingbar. Das brachte ihm die Rüge der Opposition ein, er betrachte die deutsche Frage nur als Pflichtübung.
Bei den Wahlen zum neunten Bundestag am 5.Oktober 1980 konnte Helmut Schmidt mit der sozialliberalen Koalition seine Mehrheit ausbauen. Gegenkandidat der Unionsparteien war Franz Josef Strauß (CSU). Die CDU/CSU blieb stärkste Fraktion im Bundestag, obwohl sie 4,1Prozent der Stimmen eingebüßt hatte. Als ihr Vorsitzender wurde für weitere vier Jahre Helmut Kohl wieder gewählt. Schmidt bekannte sich erneut zur NATO, EG und zur Partnerschaft mit den USA als Grundlagen westlicher Sicherheit. Ebenso plädierte er für den Erhalt und Ausbau der Beziehungen zur DDR wie auch zu den osteuropäischen Staaten. Zur Aufrechterhaltung des militärischen Gleichgewichts befürwortete er Rüstungskontrolle statt -wettlauf. Sicherung der Energieversorgung, Intensivierung des Wohnungsbaus und Integration der Ausländer waren weitere Ziele seiner Politik.
Am 9.Oktober 1980 (vier Tage nach der Bundestagswahl) erhöhte die DDR die Mindestumtauschsätze für Westbesucher von 13DM auf 24DM pro Tag. Wenige Tage später forderte SED-Generalsekretär Erich Honecker die Anerkennung der DDR-Staatsbürgerschaft durch die Bundesrepublik sowie die Umwandlung der Ständigen Vertretungen beider Staaten in Botschaften. Die Bundesregierung protestierte gegen die Erhöhung des Zwangsumtausches, der die Besucherzahlen stark zurückgehen ließ.
Der NATO-Doppelbeschluss
In der Folge SPD-interner Differenzen - insbesondere um den NATO-Doppelbeschluss von 1979 - drohte Kanzler Schmidt im Mai 1981 mit seinem Rücktritt, falls sich die Partei in ihrer Mehrheit gegen den Beschluss von 1979 aussprechen sollte. Seiner Einschätzung nach musste das angesichts der internationalen Situation unabsehbare Konsequenzen für das westliche Bündnis haben. Zusammen mit US-Präsident Ronald Reagan betonte er während einer USA-Reise, dass Abschreckung und Rüstungskontrolle integrale Bestandteile des Bündnisses seien. Auf dem Sonderparteitag der SPD am 21.Juni wurde dann, trotz heftiger Kritik, mehrheitlich für den Nachrüstungsbeschluss gestimmt. Allerdings sprachen sich die Jungsozialisten eine Woche später ausdrücklich gegen den Beschluss, gegen Kernkraft und für die Verstaatlichung der Schlüsselindustrien aus. Im Anschluss an eine bei den Unionsparteien wie auch der US-Regierung auf harte Ablehnung gestoßenen Reise des SPD-Vorsitzenden Brandt nach Moskau erläuterte dieser die sowjetischen Vorschläge für eine Einfrierung der Zahl der Mittelstreckenraketen und Aufnahme von Abrüstungsverhandlungen mit den USA. Die Bundesregierung stimmte verhalten zu.
Am 11.Juni 1981 wählte das Berliner Abgeordnetenhaus Richard von Weizsäcker zum Regierenden Bürgermeister der Stadt Berlin. Am 13.August bezeichnete dieser die 20Jahre zuvor errichtete Berliner Mauer als ein "Symbol der Trennung", das viele Opfer gefordert hätte. Am 28.September wurde der DDR-Spion Guillaume durch den Bundespräsidenten begnadigt und im Rahmen einer Austauschaktion in die DDR gebracht.
Anfang Dezember reiste Schmidt zu Gesprächen mit Erich Honecker an den Werbellinsee. Dabei erneuerte die DDR ihren Anspruch auf eine eigene Staatsbürgerschaft; der zinslose Überziehungskredit wurde erhöht und verlängert.
Ab Oktober desselben Jahres kam es im Zusammenhang mit dem Bau der Startbahn West des Frankfurter Flughafens zu schweren Ausschreitungen, in deren Verlauf auch für Frieden und Abrüstung und gegen den NATO-Doppelbeschluss demonstriert wurde.
Bundeskanzler Helmut Kohl
Die seit Sommer 1982 virulente Koalitionskrise zwischen SPD und FDP verschärfte sich im September aus Anlass eines von Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff vorgelegten "Strategiepapiers". Am 17.September traten die vier FDP-Minister Baum, Ertl, Genscher und Lambsdorff zurück, nachdem Bundeskanzler Helmut Schmidt die Koalition mit der FDP aufgekündigt hatte, und die SPD regierte mit einem Minderheitskabinett weiter. Am 1.Oktober1982 brachten die CDU/CSU- und die FDP-Fraktion den Antrag auf ein konstruktives Misstrauensvotum gegen Bundeskanzler Schmidt im Bundestag ein. Aus der Abstimmung ging der Führer der Opposition, Helmut Kohl, mit 223Stimmen der Union und 33 der FDP als neuer Bundeskanzler hervor. Zahlreiche Delegierte des FDP-Bundeskongresses am 1.November 1982 traten infolge der Ereignisse aus der Partei aus. Wie zuvor abgesprochen, verweigerten auch die Abgeordneten der neuen Regierungsparteien dem Kanzler ihre Vertrauensbezeugung (am 17.Dezember 1982). Damit war der Weg frei für die Auflösung des Bundestages durch den Bundespräsidenten (7.Januar 1983), der gleichzeitig die Neuwahlen für März anberaumte. Aus den Bundestagswahlen vom 6.März 1983 gingen die Unionsparteien gestärkt, die FDP dagegen geschwächt hervor. Hans-Jochen Vogel wurde, als Nachfolger von Herbert Wehner, SPD-Fraktionsvorsitzender und Oppositionsführer im Bundestag.
Am 23.Mai 1984 wählte die achte Bundesversammlung Richard von Weizsäcker zum sechsten Bundespräsidenten, der am 1.Juli sein Amt antrat. Er hielt am 8.Mai 1985 eine weltweit beachtete Rede anlässlich des "Tages der Befreiung von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft".
Die Innen- und Außenpolitik der Regierung Kohl bis 1989
Anfang Juli 1985 handelten Bonn und Ostberlin erneut eine Erhöhung des Überziehungskredits der DDR von 600 auf 850Millionen DM für weitere fünf Jahre aus. Gleichzeitig sorgte die DDR - wohl als Reaktion auf die Festnahmen bzw. Enttarnungen verschiedener DDR-Spione in der Bundesrepublik - für einen Ausbau der Kontaktsperren, um so eine weitere Abgrenzung der Deutschen in beiden Staaten zu erreichen.
Am 9.Dezember 1986 verzeichnete der Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen Heinrich Windelen eine "gute Bilanz" der Kontakte: Mehrere innerdeutsche Städtepartnerschaften wurden abgeschlossen, der Reiseverkehr hatte einen Höchststand erreicht, und im März 1987 nahmen erstmals Bundeswehroffiziere als Beobachter an Manövern der Warschauer-Pakt-Staaten teil.
Die Bundestagswahl vom 25.Januar 1987 brachte erneut eine Bestätigung der Bonner Regierungskoalition, obwohl die Union starke Verluste hinnehmen musste. Während die FDP zulegte, verlor die SPD Stimmen. Am 23.März 1987 erklärte der langjährige SPD-Vorsitzende Brandt in der Folge innerparteilicher Kritik wegen der Berufung einer neuen SPD-Sprecherin seinen Rücktritt (Nachfolger wurde am 14.Juni Hans-Jochen Vogel).
Mit dem Besuch des israelischen Staatspräsidenten Chaim Herzog in der Bundesrepublik Anfang April 1987 betrat erstmals ein Staatsoberhaupt Israels deutschen Boden. Am 1.Juni einigte sich die Bonner Koalition über die Zustimmung zu einer erweiterten amerikanisch-sowjetischen Null-Lösung bei Mittelstreckenraketen. Anfang September 1988 begann der Abzug der amerikanischen Pershing-II-Raketen aus der Bundesrepublik auf dem Stützpunkt Waldheide bei Heilbronn.
Die Jahresbilanz 1987 zeigte außerdem deutlich, dass trotz zunehmender Reise- und Kulturaktivitäten nach beiden Seiten auch die Zahl der Flüchtlinge und der Übersiedler in die Bundesrepublik laufend angestiegen war. Am 1.November 1987 traten zudem die von Honecker in Bonn zugesagten Reise- und Paketzusicherungen in Kraft. Einen Tag zuvor hatten die drei westlichen Stadtkommandanten Schüsse von DDR-Wachtposten auf Flüchtlinge als "grobe Missachtung grundlegender Menschenrechte" verurteilt. Am 9.November verständigten sich Vertreter beider deutscher Staaten auf rund 100Vorhaben der kulturellen Zusammenarbeit im Rahmen des Kulturabkommens von 1986.
1988 registrierten die Aufnahmelager in der Bundesrepublik über 200000Aussiedler aus Osteuropa. Knapp 40000Zuwanderer kamen aus der DDR (1987: rund 19000). Im Januar 1989 verurteilte Honecker "extremistische Ausfälle gegen die DDR" auf der KSZE-Folgekonferenz in Wien. In den folgenden Monaten ereigneten sich mehrere spektakuläre, zum Teil tödlich endende Fluchtversuche von DDR-Bürgern, was zu Protesten der Bundesregierung und der drei westlichen Alliierten sowie zu Absagen von Besuchen von Politikern auf verschiedenen Ebenen führte. Im April installierten DDR-Soldaten zusätzliche Signaldrähte an der innerdeutschen Grenze.
Bei einem Besuch in Bonn Mitte des Monats bekannte sich der sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow für die UdSSR erstmals zum Selbstbestimmungsrecht der Völker und zum Schutz von Minderheiten. Zur Berliner Mauer sagte er, diese könnte auch wieder verschwinden, wenn die Voraussetzungen wegfielen, die sie hervorgebracht hätten.
Schritte zur Wiedervereinigung
Im August 1989 spitzte sich die Flüchtlingsbewegung aus der DDR dramatisch zu; 55970DDR-Bürger waren zwischen Januar und Juli 1989 bereits in die Bundesrepublik gekommen, davon 46634 mit Ausreisegenehmigung. Weit über 100Menschen hatten sich in die diplomatischen Missionen der Bundesrepublik in Ostberlin, Budapest und Prag geflüchtet. Eine Lösung des Problems wurde dadurch erschwert, dass die DDR-Führung den Ausreisewilligen nur noch Straffreiheit zusicherte, aber keine Ausreisezusagen mehr machte.
Nach Öffnung der österreichisch-ungarischen Grenze durch Ungarn reisten innerhalb von drei Tagen 15000Bürger der DDR aus. Sonderausreisegenehmigungen am 1. und 4.Oktober durch die DDR-Regierung (am 5.Oktober begannen die großen Feierlichkeiten zur DDR-Gründung) hatten die Flucht von mehreren tausend Ausreisewilligen über Prag, Warschau und aus Dresden zur Folge. Anlässlich seines Besuchs in Ostberlin mahnte der sowjetische Partei- und Staatschef Gorbatschow die Notwendigkeit von Reformen in der DDR an. In Leipzig demonstrierten bei Friedensgebeten Tausende (am 23.Oktober circa 300000) für Reformen in der DDR.
Am 26.Oktober telefonierte Kohl mit dem neuen Partei- und Staatschef der DDR, Egon Krenz (Honecker hatte am 18.Oktober alle Ämter niedergelegt), über die Fortsetzung der Zusammenarbeit, am 9.November öffnete die DDR alle Grenzen, und noch in derselben Nacht eilten Tausende in den Westen.
Am 7.Dezember begannen die Gespräche zwischen DDR-Regierung und Opposition am "runden Tisch" in Ostberlin. Die Botschafter Englands, Frankreichs und Amerikas in der Bundesrepublik sowie der sowjetische Botschafter in der DDR trafen sich am 11.Dezember zu Gesprächen in Berlin; Kohl fuhr am 19.Dezember zum Ministerratsvorsitzenden Modrow nach Dresden, und sie beschlossen die Bildung einer Vertragsgemeinschaft. Die erste deutsch-deutsche Bankenbeteiligung wurde am 17.Januar 1990 vereinbart; gleichzeitig trafen sich die ranghöchsten Offiziere der Bundeswehr und der Nationalen Volksarmee (NVA); am 23.Januar trat die deutsch-deutsche Wirtschaftskommission zusammen; am 1.Februar legte Modrow eine "Erklärung über den Weg zur deutschen Einheit vor", deren "Konzept deutscher Neutralität" der Bundeskanzler allerdings strikt ablehnte; im Anschluss an einen Besuch in Bonn vermeldete Modrow die Weichenstellung für die "baldige Vereinigung von DDR und BRD zu einem deutschen Bundesstaat"; am 18.März erkannten die Mitgliedsstaaten des Warschauer Paktes in Prag das Recht beider deutscher Staaten auf Einheit an. Am 20.März verständigten sich die Regierungsparteien in Bonn auf einen "Fahrplan zur deutschen Einheit". Ende April begannen DDR-Grenzsoldaten mit dem Abbruch der Berliner Mauer. Am 10.Mai setzte der Bundestag den Ausschuss "Deutsche Einheit" ein, eine Woche später einigten sich Bund und Länder auf einen "Kreditfonds Deutsche Einheit", und am 18.Mai unterzeichneten Bundesfinanzminister Waigel und sein DDR-Kollege Romberg im Bonner Palais Schaumburg den Staatsvertrag zur Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion, die am 1.Juli in Kraft trat (Kernbestimmung: die D-Mark wurde ab diesem Datum offizielles Zahlungsmittel in der DDR). Anfang August kündigte Bundesverteidigungsminister Stoltenberg die Bildung einer gesamtdeutschen Armee mit 320000Bundeswehr- und 50000NVA-Soldaten an.
Die Wiedervereinigung
Am 23.August beschloss die DDR-Volkskammer den "Beitritt der DDR zur Bundesrepublik zum 3.Oktober 1990 gemäß Art.23 des Grundgesetzes" (am 2.Dezember fand die erste gesamtdeutsche Bundestagswahl statt). Am 12.September unterzeichneten die Außenminister der beiden deutschen Staaten sowie Frankreichs, Englands, der USA und der Sowjetunion in Moskau den "2+4"-Vertrag, in dem die äußeren Aspekte der Herstellung der deutschen Einheit einschließlich der Fragen der Sicherheit der Nachbarstaaten geregelt und dem vereinten Deutschland nach 45Jahren die volle Souveränität zuerkannt wurde. Er trat nach der Ratifizierung durch die Parlamente der vier Alliierten im Frühjahr 1991 in Kraft.
Mit der Verabschiedung der westalliierten Stadtkommandanten am 2.Oktober war der Besatzungsstatus Berlins beendet. Am selben Tag trat die Volkskammer zum letzten Mal zusammen und löste sich ebenso auf wie die NVA. Am 20.September hatten Bundestag und Volkskammer mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit den "Einigungsvertrag" über den Beitritt der DDR sowie die rechtlichen und sozialen Fragen im zusammenwachsenden Deutschland endgültig verabschiedet, der am 29.September rechtskräftig wurde. Weitere wichtige Etappen in der Entwicklung Deutschlands nach dem 3.Oktober waren der deutsch-sowjetische Stationierungsvertrag (12.Oktober), der den Abzug der rund 380000Sowjetsoldaten und ihrer 220000Angehörigen festlegte, die Eingliederung der ehemaligen DDR in die EG (22.Oktober), der von Kohl und Gorbatschow unterzeichnete "deutsch-sowjetische Vertrag über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit" (9.November) und der deutsch-polnische Grenzvertrag (14.November).
Aus der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl ging die CDU/CSU/FDP-Regierungskoalition mit 54,8Prozent als Sieger hervor - auch in Berlin wurde am selben Tag die CDU stärkste Partei. Am 17.Januar 1991 trat Helmut Kohl zum vierten Mal die Bundeskanzlerschaft an.
Aufarbeitung des DDR-Unrechts
Am 30.November 1990 erließ das Amtsgericht Berlin-Tiergarten Haftbefehl gegen Honecker wegen gemeinschaftlich begangenen Totschlags ("Schießbefehl"). Wegen seines akut verschlechterten Gesundheitszustands und der ungeklärten Rechtslage wurde der unter sowjetischer Obhut stehende ehemalige DDR-Chef aber nicht ausgeliefert.
Verschiedene RAF-Terroristen, die im Zuge der Wiedervereinigung in der DDR aufgespürt worden waren, weil sie seit Ende der siebziger Jahre mit Hilfe des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit (Stasi) hier Unterschlupf und Unterstützung gefunden hatten, wurden zu hohen Strafen verurteilt. Gegen den ehemaligen Stasi-Chef Mielke und einige seiner Mitarbeiter wurde Ende März Haftbefehl erlassen.
Folgen der deutschen Einheit
In der Folgezeit wurden gemäß dem Einigungsvertrag zahlreiche Beschäftigte des öffentlichen Dienstes der DDR - vor allem auch der Universitäten - entlassen. Unmut in Ostdeutschland weckte darüber hinaus eine Regelung, nach der zur Gewinnung westdeutschen Personals für die ostdeutsche Verwaltung Westbeamte uneingeschränkt nach Westniveau besoldet wurden und ihre Verwendungszeit im Osten für das Ruhegeld doppelt zählen sollte.
Gegen verschiedene Machtinhaber der ehemaligen DDR wurden wegen der Todesschüsse an der Mauer, der Veruntreuung von Geldern und anderer Delikte Haftbefehl erlassen.
Am 20.Juni 1991 beschloss der Bundestag die Verlegung des Sitzes von Bundesregierung und Bundesrat nach Berlin. Die Berliner Treuhandanstalt verkaufte bis Ende Juni 2583Unternehmen aus ehemaligem DDR-Staatsbesitz für insgesamt 10,6Milliarden DM. Im September 1991 häuften sich Anschläge Rechtsradikaler auf Asylbewerberheime; insgesamt stieg, besonders in den neuen Bundesländern, die Zahl fremdenfeindlicher Straftaten.
Das vereinte Deutschland
Die folgenden Jahre waren gekennzeichnet durch die Diskussionen um die Haltung der Bundesrepublik angesichts des Krieges im ehemaligen Jugoslawien und um den Einsatz der Bundeswehr außerhalb des NATO-Gebietes sowie die Verabschiedung des Vertrags von Maastricht über die Europäische Union. Rechtsradikale Ausschreitungen nahmen weiter zu, in mehreren Prozessen gegen ehemalige Repräsentanten der DDR (Markus Wolf, Erich Mielke u.a.) sowie gegen informelle Mitarbeiter der Stasi und Mauerschützen wurde das DDR-Erbe juristisch aufgearbeitet; die Arbeitslosigkeit stieg an, gleichzeitig aber kam es in den neuen Bundesländern zu einem raschen wirtschaftlichen Aufschwung.
Am 23.Mai 1994 wurde der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Roman Herzog, als Nachfolger Richard von Weizsäckers zum neuen Bundespräsidenten gewählt. Die Wirtschaftsverträge mit ehemaligen Ostblockstaaten wurden angekurbelt, die Kurdenproblematik trat durch gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Kurdenorganisationen auf deutschem Boden deutlich zum Vorschein, und in der Asylbewerber-, Flüchtlings- und Aussiedlerproblematik wurde mit wechselndem Erfolg nach Lösungen gesucht (siehe Asylrecht).
Bei der Wahl zum 13.Bundestag im Oktober 1994 konnte sich die Regierungskoalition behaupten. Ende des Jahres 1994 stellte die Treuhandanstalt ihre Tätigkeit ein. Im Mai 1995 jährte sich zum 50.Mal das Ende des 2.Weltkrieges sowie der nationalsozialistischen Herrschaft und wurde von den ehemaligen Alliierten wie auch in Deutschland gewürdigt. In der deutsch-tschechischen Erklärung vom 20.Dezember 1996 bekannte sich die Bundesrepublik "zur Verantwortung Deutschlands für seine Rolle in einer historischen Entwicklung, die zum Münchner Abkommen von 1938, der Flucht und Vertreibung von Menschen aus dem tschechoslowakischen Grenzgebiet sowie zur Zerschlagung und Besetzung der Tschechoslowakischen Republik geführt hat". Im Gegenzug bedauerte die tschechische Regierung erstmals offiziell die Vetreibung der Sudetendeutschen und "insbesondere die Exzesse, die im Widerspruch zu elementaren humanitären Grundsätzen und auch den damals geltenden rechtlichen Grundsätzen gestanden haben". Im Umfeld der schließlich von beiden Regierungen unterzeichneten Erklärung kam es in beiden Ländern zu erheblichen Kontroversen. Anfang des Jahres 1997 wurde mit der Bekanntgabe der offiziellen Arbeitslosenzahl von 4,6Millionen ein bedauernswerter Rekord vermeldet, zugleich standen die sich verschärfende Rentenkrise, Kontroversen um eine Steuerreform und die so genannten "Kosten der Einheit" im Mittelpunkt der politischen Diskussion. Im Zusammenhang mit Atommülltransporten ("Castor-Transporte") nach Gorleben kam es zum größten Polizeieinsatz der Nachkriegsgeschichte sowie zu heftigen Auseinandersetzungen mit Atomkraftgegnern.



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